Das Kraftwerk und die Erdlöcher

Das Kraftwerk und die Erdlöcher

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Die Geologie in Tumpen ist sehr speziell, was in der Vergangenheit schön oft zur Bildung großer Erdlöcher geführt hat. Unter anderem deshalb wehren sich die Anwohner seit über 10 Jahren gegen das Kraftwerk Tumpen-Habichen. Im Folgenden fassen wir noch einmal zusammen, warum die Bedenken der Anwohner bezüglich der Erdlöcher durchaus berechtigt sind. Einerseits für alle, die davon noch nie etwas gehört haben, insbesondere aber auch für alle, die dies anscheinend vergessen haben oder bewusst ignorieren; wie zum Beispiel die TIWAG, die Ötztaler Wasserkraft GmBH oder die Tiroler Landesregierung.

Die Geologen Poscher und Patzelt veröffentlichten 1996 ihre Studie "Erdfälle in den Lockersedimenten des Ötztals" (1) zu ihren Untersuchungen in Tumpen. Hier eine Zusammenfassung ihrer Ergebnisse.

Das Dorfgebiet von Tumpen liegt auf altem Bergsturz Material. Wer die grobblockigen Achstürze kennt, der kann sich vorstellen, wie der Untergrund unter Tumpen wohl aussieht (vgl. (1) S. 423). Große Blöcke zusammen mit feinerem Material bilden einen Untergrund voller Hohlräume, der so lange stabil ist, wie er nicht angerührt wird. Wenn aber Wasser eindringt, dann kann dieses das Feinmaterial abtransportieren, was wiederum dazu führt, dass von oben Material nach rutscht und sich an der Oberfläche Erdlöcher auftun können. ((1) S. 419)

Die Blöcke der Achstürze. Foto: Marianne Götsch, WWF

"Die Erdfälle von Tumpen sind zuletzt mehrfach seit 1980 aufgetreten, haben Gebäudeschäden verursacht und tw. beachtliche Dimensionen erreicht. Sie sind stets entlang der Ötztaler Ache und großteils am östlichen Ufer aufgetreten. Beim letzten Großereignis von 1992, das von Versickerungen der Ötztaler Ache begleitet war, wurden ca. 10.000m³ Material benötigt, um die progressive Erosion im Untergrund zu stoppen, und das Siedlungsgebiet vor einem weiteren Ausgreifen der Einbruchpinge zu schützen." ((1) S. 427-429)

Die Grenze zwischen Grundwasser und Bergsturzmaterial ist fragil und darf nicht gestört werden, sonst können Erdlöcher auftreten. Oder genauer gesagt:
"Stärkere Infiltration von Oberflächengewässern und dadurch induzierte Grundwasserspiegelschwankungen können in Verbindung mit dem labilen Stauer im Kontaktbereich der Bergsturzmasse eine subrosionsartige Abfuhr der feinklastischen Sedimente in die aufgelockerten und kluftreichen Bergsturzmassen begünstigen und dadurch Erfälle auslösen." ((1) S. 432)

Nun sind aber Bauarbeiten in Tumpen geplant, direkt an der Ötztaler Ache. Ein Staudamm soll errichtet werden und ein Tunnel für den Druckstollen soll östlich der Ache (rechtsufrig) durch das Bergsturzmaterial getrieben werden. Ob dies gefahrenfrei möglich sei, dazu wurde natürlich ein geologisches Gutachten verfasst. Leider hat der Gutachter aber einerseits von Poscher (1995) abgeschrieben, andererseits aber offensichtlich dessen Studie inhaltlich nicht verstanden – denn er hat seine Abschrift mit dem Zusatz abgeschlossen, dass die Arbeiten 'ohne Probleme durchführbar' seien. Detailliert ausgeführt hat das Markus Wilhelm schon 2010 in seinem Blogbeitrag “Schon wieder ein TIWAG-Gutachter beim Abschreiben ertappt"!

Wir fragen uns, ob dem Land Tirol, der TIWAG und der Ötztaler Wasserkraft GmbH die Anwohner in Tumpen egal sind, oder ob die Betreiber einfach eine gute Versicherung haben.

Quellen und Links

(1) Poscher, G., & Patzelt, G. (1996). Erdfälle in den Lockersedimenten des Ötztals. Internationales Symposion INTERPRAEVENT, 419-433.

http://www.interpraevent.at/palm-cms/upload_files/Publikationen/Tagungsbeitraege/1996_1_419.pdf

Titelbild: Luftbild (Orthofoto) Tumpen, Quelle: TIRIS

2 Antworten

  1. Toni Schuwerk
    | Antworten

    Nach dem Verschlechterungsverbot der EG-Wasserrahmenrichtlinie dürften Stauanlagen in Fließgewässern wie alpinen Wildbächen nicht mehr errichtet werden. Durch die Errichtung des Staus wird die Fließgeschwindigkeit stark verringert, vor der Mauer geht sie gegen null. Es findet erhöhte Sedimentation statt. Strömungsgebundene (rheobionte) und strömungsliebende (rheophile) Arten des Makrozoobenthos (Wirbellose Tiere an der Gewässersole) und anspruchsvolle Fischarten wie die Koppe (=Groppe) werden verschwinden und limnophile (geringe Strömung liebende) Arten des MZB zunehmen. Es findet im Staubereich also eine völlige Artenverschiebung und somit Veränderung der Biozönose und des Ökosystems Wildbach statt. Zumindest im Staubereich verschlechtern sich diese Biokomponenten der EG-WRRL, was nicht sein darf.

    • Marieke
      | Antworten

      Lieber Anton,
      danke für den Kommentar! Schau mal, ich glaube unsere E-Mail Aktion gegen den Verstoß gegen die WRRL wäre in deinem Sinne: http://stubaiwasser.at/emailaktion-kw-th/
      Bitte gern mitmachen! Lieben Gruß,
      Marieke

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