Politik wider besseres Wissen

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Die Tiroler Landesregierung macht Unmögliches möglich, und schafft es, einen Bescheid auszustellen, der sich selbst widerspricht. Die naturschutzrechtliche Bewilligung für das Kraftwerk Tumpen-Habichen bescheinigt sich selbst, dass sie nicht hätte ausgestellt werden dürfen.

In ihr heißt es wörtlich:

Die Achstürze sind schützenswert, empfindlich und einzigartig.

"Insgesamt, auch bei Vorschreibung der erforderlichen Fischwanderhilfe, bedeutet die Verwirklichung des KW Tumpen-Habichen somit eine massive und langfristige Beeinträchtigung eines sehr schützenswerten, empfindlichen und einzigartigen Gewässerabschnittes des (im Mündungsbereich) größten Gletscherflusses Österreichs.
Diesen gravierenden Beeinträchtigungen der Naturschutzinteressen sind nun andererseits die langfristigen öffentlichen Interessen an der Realisierung des KW Tumpen-Habichen gegenüberzustellen.
Für eine naturschutzrechtliche Bewilligung des konkret beantragten KW Tumpen-Habichen müssen aufgrund der unbestritten festgestellten starken und nachhaltigen Naturschutzbeeinträchtigungen massive und langfristige öffentliche Interessen für die Realisierung des Vorhabens sprechen." (S. 69)

Im Bescheid wird daraufhin zum Thema 'übergeordnetes öffentliches Interesse' festgestellt:

Es besteht nur geringes langfristiges öffentlichen Interesse.

"Insgesamt war somit von der derzeitigen Sachlage auszugehen, und aus wasser- und energiewirtschaftlicher Sicht das langfristige öffentliche Interesse am gegenständlichen Vorhaben ohne Berücksichtigung nicht rechtskräftig genehmigter weiterer Vorhaben betreffend die Ötztaler Ache zu beurteilen.
Dies haben, verwiesen sei auf die Beweiswürdigung unter Punkt III.4., der wasserwirtschaftliche sowie der wasser-/ energiewirtschaftliche Sachverständige entsprechend gemacht.
Das übereinstimmende Ergebnis dieser Beurteilungen geht von einem geringen langfristigen öffentlichen Interesse aus Sicht dieser Fachbereiche aus.
Dasselbe gilt für die vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen unbestritten festgestellte mangelhafte Ausnutzung der Wasserkraft. Es würde nämlich nur im Fall der Verwirklichung der Vorhaben SKW und AK zu einer vollständigen Ausnutzung der Wasserkraft kommen. [...] In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass sich die projektierte Leistung von 14,48 MW nicht am derzeit vorhandenen Wasserkraftpotential orientiert, sondern die UVP-Grenze von 15 MW knapp unterschreitet." (S.70)

Im nächsten Absatz wird dargestellt, wie es trotzdem dazu kam, dass dem Vorhaben ein positiver natrurschutzrechtlicher Bescheid ausgestellt wurde:

Aber die Landesregierung hätte dieses Kraftwerk gern.

"Allerdings kann im gegenständlichen Fall die Beurteilung der überwiegenden langfristigen öffentlichen Interessen nicht allein auf die energiewirtschaftliche, wasserwirtschaftliche oder wasserbautechnische Perspektive reduziert werden, sondern ist in einem übergeordneten gesellschaftlichem und politischem Kontext zu sehen. Verwiesen sei hier auf die Ausführungen des Kapitel Energie im bestehenden Arbeitsübereinkommen der Tiroler Landesregierung 2013 – 2018, die Ausführungen im Maßnahmenpaket Tirol vom 24.06.2014 zum gegenständlichen Vorhaben und die Feststellungen in der abschließenden positiven Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes von Tirol im wasserrechtlichen Verfahren sowie die auf diese Grundlagen aufbauende Willenserklärung der Tiroler Landeregierung.
Dieses Beratungsergebnis der Tiroler Landesregierung war bei der Entscheidungsfindung von der erkennenden Behörde zu berücksichtigen." (S.70)

Daher ist es im öffentlichen Interesse.

Was bedeutet das? Das bedeutet, dass die Tiroler Landesregierung ihren politischen Willen höher wertet, als naturschutzfachliche und energiewirtschaftliche Expertengutachten. Die 'erkennende Behörde', also die Abteilung Umweltschutz der Tiroler Landesregierung, musste das Beratungsergebnis der Tiroler Landesregierung berücksichtigen. Dieser Bescheid konnte auf Grund seiner eigenen Argumentation niemals positiv ausfallen, die naturschutzrechtliche Bewilligung wurde offensichtlich durch eine politische Weisung der Regierung erteilt.

In Österreichs größtem und vollständig frei fließendem Gletscherfluss soll also ein Wasserkraftwerk errichtet werden, durch das Arten und Lebensräume beeinträchtigt würden, die tirolweit, österreichweit oder sogar europaweit gefährdet und geschützt sind - und dies obwohl das Kraftwerk selbst laut naturschutzrechtlichem Bescheid nur von geringem öffentlichen Interesse ist! Dies geschieht wissentlich durch die Landesregierung und mit Regierungsbeteiligung der Tiroler Grünen.

Was nun?

Unserer Ansicht nach wird hier ein demokratischer Entscheidungsprozess, bei dem nach sachlichen Kriterien ein Für und Wider gegeneinander abgewogen werden sollte, schlicht umgangen. Die Öffentlichkeit, die laut Aarhus-Konvention eigentlich ein Recht auf Beteiligung an Umweltverfahren haben sollte, ist volllständig ausgeschlossen.
Wir haben daher der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Frau Gewessler eine E-Mail geschrieben. Darin haben wir sie gebeten, sich dafür einzusetzen,

  • dass Österreich auf dem Weg zu einer klimaschonenden Energieversorgung seine wenige noch erhaltene Natur schützen muss und
  • dass die Rechte der Öffentlichkeit auf faire und objektive Verfahren in Umweltbelangen umgesetzt werden.

Unterstützt unsere E-Mail Aktion an Bundesministerin Gewessler!

Eine Antwort

  1. Ulla Sevenich-Mattar
    | Antworten

    Ich komme seit fast 30 Jahren immer wieder für viele Wochen in das Ötztal, weil die Natur und besonders die Ötztaler Ache hier einzigartig sind. Dieser Naturraum ist absolut schützenswert. Da keine Notwendigkeit zum Bau des Kraftwerkes vorliegt bitte ich sehr darum den Bau zu überdenken.
    Österreich lebt vor allem auch von Touristen die wegen der wunderbaren Natur kommen.

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